3. Preis | Quartier Westerwischstrom

Cuxhaven

In Zusammenarbeit mit Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

 

Städtebauliche Leitidee
Aufgrund der bestehenden Insellage benötigt das neue Quartier ein nachbarschaftliches Gefüge um hier zukünftig eine Identität zu erzeugen. Als zentrales freiräumliches Element entsteht ein Anger, der als „Grünes Herz“ einen gemeinschaftlichen Innenbereich ausbildet, an den sich alle Baufelder anlehnen und ihre Adressen erhalten.

Der Anger vernetzt sich mit den Landschaftsräumen, insbesondere zum südlich Grünzug und der Süderwischschule und schafft so einen zusammenhängendes Freiraumgerüst. Aus diesen Wegeachsen entstehen wie selbstverständlich die einzelnen Baufelder, die der Grünen Mitte seine Raumkanten geben.

Der Biotopbereich des Röhrichstreifens bleibt erhalten und erhält einen ausreichenden Pufferstreifen. Er wird zum neuen freiräumlichen Thema der Grünen Mitte und stärkt die Funktion eines Retentionsanger.

Quartiersmitte
In direkter Blickbeziehung zur Theodor-Heuss-Allee entsteht ein zentral gelegener Quartiersplatz als repräsentativer Auftakt zum neuen Quartier. Er öffnet sich fensterartig zum Retentionsanger und bildet hier eine zentrale Mitte aus. Als urbaner Platzraum lässt er vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu und integriert zentrale Spiel- und Aktionsflächen. Große Bänke und Sitzstufen laden zum Verweilen ein und schaffen eine angenehme Aufenthaltsqualität mit Blick über den Retentionsanger hinweg.

Der bauliche Mittelpunkt wird durch die Kita gebildet, die hier zusammen mit einem Bäcker oder einem kleinen Dorfladen im angrenzenden Quartiershaus den Platz beleben. In den Obergeschossen können sich hier Sonderwohnformen als Mehrgenerationenhaus oder Seniorenwohnen befinden.

Der Vorbereich entlang der Kreisstraße wird freiräumlich in die neue Platzfolge eingebunden und bildet das Entree zum neuen Quartier. Hier befinden sich die ÖPNV-Haltestelle und die Quartiersgarage, die hier auch als baulicher Lärmschutz genutzt wird.

 

Gartenhöfe an der Grünen Mitte
Das modulare Konzept der Gartenhöfe bildet kleine Nachbarschaften aus, die mit unterschiedlichen Gebäudetypen für Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäusern mit dem Schwerpunkt familiengerechtes und gemeinschaftliches Wohnen bebaut werden können. Sie gruppieren sich um einen Gartenhof mit Spiel- und Kommunikationsflächen, wodurch das nachbarschaftliche Zusammenleben gestärkt wird. Die bauliche Dichte ist an der Grünen Mitte am höchsten und lockert sich zu den Rändern hin auf.

Die Gebäude entlang der Grünen Mitte sind für Baugruppen vorgesehen die durch eine individuelle Bebauung eine markante Parkkante mit abwechslungsreicher Architektur ausbilden. Die erdgeschossigen gemeinschaftlichen Nutzungen und die kleine Büros für W+A besitzen leicht auffindbaren Adressen und beleben den öffentlichen Raum.

 

Verkehrsfreies Wohnumfeld
Direkt im Zufahrtsbereich befindet sich die Quartiersgarage, die hier die Stellplätze des westlichen Geschoßwohnungsbaus aufnimmt. Im Sockel befinden sich ein Fahrradparkhaus und eine Energiezentrale, die als Heizkraftwerk oder Großwärmepumpe das Quartier autark mit Energie versorgt.

Die Stellplätze der Gartenhöfe befinden sich direkt an den Zufahrtsbereichen und halten die Innenbereiche autofrei wodurch Nachbarschaften mit einer hohen Lebensqualität entstehen. Eine zurückhaltende und wohlgesetzte Möblierung schafft Aufenthaltsqualitäten in den öffentlichen Räumen als Orte der Begegnung und Kommunikation.

Direkt am Quartiersplatz befindet sich eine Mobilitätsstation, die hier alle Funktionen der „sanften Mobiltät“ wie carsharing und e-Mobilität aufnimmt. Die Fuß- und Radwege durch die Grünraume stärken das durchlässige innere Erschließungskonzept und fördern den individuellen Fuß- und Radverkehr.

Grüne Mitte als Retentionsanger
Die Grüne Mitte dient als großer Retentionsanger, er wird naturnah ausgebildet und übernimmt die Funktion eines Retentionsraumes für das anfallende Regenwasser. Er trägt durch seine Aufenthaltsqualität, seine Spielangebote und ökologische Funktion als Regenwasserretentionsfläche zur Qualitätssteigerung und Identifikation des Quartiers bei.

Eine flache Rasenmulde parallel zum Röhrichstreifen übernimmt die Funktion eines zentralen Retentionsraums, der das Regenwasser aus den benachbarten Wohnhöfen aufnimmt und in die nördlich und südlich angrenzenden Regenwasserrückhalteflächen ableitet. Das Zusammenspiel aus Röhrichtbestand und der Erweiterung mit wechselfeuchten Retentionsflächen wird bezüglich Modellierung, Zuführung von Regenwasser sorgfältig mit den Belangen des Naturschutzes abgestimmt.

 

Regenwasser- und Klimafolgenanpassungskonzept
Das Konzept zur Regenwasserbewirtschaftung folgt den Prinzipien, die Versiegelung von Flächen auf ein Mindestmaß zu reduzieren und den
Regenwasserabfluss am Entstehungsort zurückzuhalten, sodass ein großer Teil des Wassers durch Verdunstung nicht mehr abgeleitet werden muss. Zunächst wird in den Baufeldern das anfallende Regenwasser der Flachdächer in Retentionsdächern mit minimalem Abfluss und einer Verdunstungsrate von bis zu 75 % zurückgehalten, das Regenwasser der Satteldach- und Hofflächen in Retentionszisternen gesammelt bzw. über offene Sickergräben und Sickerrinnen oberflächennah in die temporär eingestauten abgesenkten Flächen der Wohnhöfe und der wegebegleitenden Rasen- und Feuchtwiesenmulden geführt.

Das Wasser der Zisternen kann zur Grauwassernutzung in den Gebäuden sowie zum Bewässern der Gartenhöfe verwendet werden. Eine anteilige Dachbegrünung kann dabei zur Reinigung des Regenwassers beitragen und das anfallende Wasser auf den privaten Flächen reduzieren. Über die Gartenflächen gelangt das Wasser auf den zentralen Nachbarschaftsplatz, bzw. direkt in die angrenzenden Mulden. Hier wird das Wasser zurückgehalten und gedrosselt in die angrenzenden Grünfugen mit seinen Verbandsgewässern abgeleitet. Durch die Grünen Fugen sind bei Starkregenereignissen auch die Notwasserwege gewährleistet, so dass eine schadlose Ableitung des Regenwassers erfolgen kann.

Besonderer Wert wird auf eine umfangreiche Baumpflanzung mit klimaresilienten Arten gelegt, die für Beschattung und Verdunstungskühle sorgen. In Straßenräumen und den Platzbereichen werden sie über abgesenkte Pflanzstreifen und zu einem geringeren Teil über Baumrigolen mit Wasser versorgt und unterstützen so den Schwammstadtgedanken des gesamten Quartiers. Die Einsaat von artenreichen Wiesenflächen schafft im Zusammenspiel mit Vogelschutzgehölzen wertvolle Lebensräume für Insekten und andere Tiere. So werden Regenwasser- und Klimafolgenanpassung als ökologische Qualität sichtbar und erlebbar gemacht und tragen zum positiven Image des Quartiers bei.