1. Preis | Erweiterung und Umbau von zwei Grundschulen

Sassenburg

In Zusammenarbeit mit Kauffmann Theilig & Partner

 

Die Grundschule im bunten Dreieck in Sassenburg erhält durch eine präzise gesetzte und atmosphärisch dichte Erweiterung eine neue räumliche und pädagogische Qualität. Der bestehende, dreieckige Solitärbau mit seiner markanten, abgeschlossenen Form wird durch eine erdgeschossige Erweiterung an der Südostseite ergänzt – nicht durch Aufstockung oder außenstehende Satelliten, sondern durch eine architektonisch verwandte Struktur, die das Dreieck schlüssig vergrößert und somit erweitert, ohne seine Identität zu verlieren. Diese Maßnahme schafft nicht nur zusätzliche Flächen, sondern auch lichtdurchflutete, offene Zwischenräume und eine neue Clusterstruktur: jeweils vier der zwölf neuen Klassenräume bilden gemeinsam mit dazwischenliegenden offenen Lernbereichen kleine pädagogische Einheiten. Die aufgefächerte Anordnung der Räume ermöglicht großzügige Tageslichtführung und eine enge Verzahnung von Innen- und Außenräumen.

Der bislang schwer nutzbare Innenhof wird durch eine behutsame Überdachung mit Oberlichtern zu einem klimatisch geschützten Zentrum der Schule umgewandelt – dem neuen Marktplatz. Dort finden künftig die Bibliothek und der Computerraum ihren Platz, beide zentral und hochwertig belichtet. Weitere punktuelle Ergänzungen innerhalb der bestehenden Struktur – wie etwa die neue Mensa an der West-Ecke – fügen sich organisch und mit minimalem baulichen Aufwand ein. Die Mensa selbst ist ideal positioniert: direkt neben dem Eingang mit großzügigen Innen- und Außenflächen, kurzen Wegen für die Essensausgabe, direkter Anlieferung von außen sowie einer flexiblen Erweiterbarkeit durch mobile Wände in Richtung Flur. Auch eine Bühne sowie der Anschluss an den Musikraum lassen sich leicht integrieren.

Der Bauablauf ist so konzipiert, dass die Schule während des gesamten Prozesses im Betrieb bleiben kann – ohne Interimslösung im klassischen Sinn. In den siebenwöchigen Sommerferien werden die bestehenden Bauteile an der Südostseite zurückgebaut und angepasst, eine leistungsfähigere Fassade ersetzt die marode Bestandsfassade. Zeitgleich werden die neuen Klassenräume als vorgefertigte Holzcontainer produziert, welche am Ende der Sommerferien direkt an ihrem endgültigen Standort positioniert werden. So beginnt das neue Schuljahr in einem bereits nutzbaren Teil des Neubaus. Die weiteren Umbauten – wie die Mensa, das Schließen des Innenhofs, Infrastrukturmaßnahmen und Arbeiten an der Westfassade – erfolgen innerhalb der darauffolgenden zehn Monate, bei laufendem Schulbetrieb. Die restlichen Maßnahmen und finalen Anbindungen werden in den darauffolgenden Sommerferien abgeschlossen. Nach eineinhalb Jahren ist das neue Schulhaus vollständig fertiggestellt.

Die bestehende Schule, so ambitioniert sie einst gedacht war, zeigte sich übertechnisiert und wartungsintensiv. Die neue Planung setzt bewusst auf funktionierende Low-Tech-Lösungen mit hohem didaktischem Potenzial: Fensterlüftung mit optimierter Querlüftung macht mechanische Systeme in den Klassenräumen überflüssig. Bestehende Lüftungsanlagen werden gezielt nur dort eingesetzt, wo sie sinnvoll sind – etwa in Küche, Mensa und innenliegenden Räumen. Für Heizung und Kühlung kommen Wärmepumpen mit regenerativen Energiequellen wie Fundamentabsorbern, Erdsonden und Bohrpfählen zum Einsatz. Eine statische Klimatisierung erfolgt über Deckenelemente, während Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen einen nahezu energieautarken Betrieb der Schule ermöglichen.

Materialität und Gestaltung orientieren sich an Bestand und Funktionalität. Die neuen Klassenräume bestehen aus selbstragenden Holzcontainern, ergänzt durch eine hölzerne Lamellenstruktur, die das geometrische Dreieck im Lageplan wieder vollständig schließt. Diese Lamellen dienen zugleich als Wetter- und Sonnenschutz durch die darüberliegende Photovoltaikschicht. Die Dachflächen werden saniert und die Lüftung in die neue Dachform integriert. Im Bestand werden die Fassaden reduziert transparent gestaltet, mit lichtlenkenden Lamellen, bedruckten Glaselementen und effektiven Sonnenschutzeinrichtungen.

Nicht zuletzt spiegelt sich in der Architektur das eigentliche “Bunte” des Dreiecks wider: die Schüler und die natürliche, sich wandelnde Landschaft. Verglaste, glänzende und bedruckte Bauteile fangen die Farben und Bewegungen des Schullebens sowie der Umgebung ein – ein lebendiges, vielfältiges Bild, das sich mit den Jahreszeiten verändert. So entsteht ein neues Schulgebäude, das das freundliche, lebendige Miteinander in einem klar gefassten, aber offenen architektonischen Rahmen in Szene setzt – unaufgeregt, nachhaltig und voller Aufenthaltsqualität.

Freianlagen

Das bestehende Schulgelände, eingebettet in das östliche Wohngebiet zeichnet sich durch eine offene Struktur mit mehreren Zugängen und weiten Blickbeziehungen in die umgebende Landschaft aus. Das neue Konzept nimmt diese positiven Merkmale auf und integriert sie in ein modernes, zukunftsfähiges Konzept.
Die neue Gestaltung umschließt den dreiecksförmigen Schulbau mit einer dichten abwechslungsreichen Bepflanzung und formt einen neuen robusten und lebendigen Pausenhof. Durch die organischen Formen der Pflanzbereiche schafft der Entwurf nicht nur eine spannende Beziehung zum Schulgebäude, sondern auch interne, geschützte Bereiche. Die Pflanzungen öffnen sich gezielt an den Hauptzugängen — dem Zugang über die Straße „Am Felde“ sowie dem Nebenzugang über den „Bokensdorfer Weg“ — und schaffen so einladende Eingangsbereiche.
Der Schulhof entwickelt sich aus den vorhandenen Strukturen der Freianlagen und dem neuen Erweiterungsbau zu einem zusammenhängenden Außenraum, der sich rund um das Gebäude legt. Er entwickelt sich so von einem umfangreichen Spielbereich im Westen des Gebäudes zu einem naturnahem Ruhebereich im Osten. Der Pausenbereich westlich vom Gebäude ist durch Angebote zum Toben, Buddeln und Spielen geprägt. Hier werden den Kindern unterschiedliche Bewegungsangebote wie eine große Kletterskulptur, Basketballkorb, Tischtennisplatten gemacht und zusätzliche Flächen für das freie Spiel vorgesehen. Auch das bestehende Außenklassenzimmer wird hier integriert und in einem ruhigeren und begrünten Schattenplatz vorgesehen, welches mit einem Klanggarten kombiniert wird.
In Richtung Osten entwickelt sich der Schulhof zu einem schattigen Rückzugsort. Hier befindet sich ein weiteres grünes Klassenzimmer und grüne Nischen und Flächen fürs Gärtnern. Die Möblierung auf dem gesamten Schulgelände lädt zu unterschiedlichen Aufenthaltsmöglichkeiten ein. So können sich überall Gruppen von Schüler*innen aufhalten, sich austauschen und bewegen. Die Grünflächen werden so gestaltet, dass sie zu den Rändern hin dichter und höher werden und die Einblicke ins Schulgelände reduzieren. Die abwechslungsreichen und standortgerechten Pflanzflächen fördern die ökologischen Lernprozesse und sensibilisieren die Schüler*innen für Umweltzusammenhänge. Zusätzliche Grüninseln reagieren auf klimatische Herausforderungen. Der Freiraum erfüllt somit nicht nur die Anforderungen eines modernen Schulhofs, sondern fördert auch eine bewusste Auseinandersetzung mit Natur und Nachhaltigkeit.
Im Bereich der nördlichen Haupterschließung bleiben ausreichend viele Fahrradbügel erhalten. Die Zugänge zum Müllplatz sowie zum kleinen Heizhaus werden eingebunden.